Rüdiger Neumann lehrte und arbeitete von Ende der 1970er Jahre bis zu seinem Tod 2007 an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Seit 1983 hatte er die Professor für Experimentalfilm inne. Seine Filme sind Meditationen des Sehens in einer immer schneller werdenden visuellen Welt. Er hat ganz unterschiedliche Reisen mit den Augen gemacht. Klar, stringent, strukturiert. Merkwürdig verrückende Bildansichten. Zufallsbegegnungen. Ausgeklügelte systematische und strukturalistische Arbeiten, die sich ihrer Sinnlichkeit nicht erwehren können.

Die vorliegende Sonderausgabe ist eine Kooperation verschiedener Partner: Stephan Konken, der filmische Nachlassverwalter, dem Arsenal - Institut für Film und Videokunst, der Filmgalerie 451 und Frieder Schlaich sowie dem Materialverlag in der HFBK Hamburg.

DVD 1: Zufalls-Horizonte 1980; Archiv der Blicke 1985; Meridian oder Theater vor dem Regen 1983; DVD 2: Nordlicht 1988; Stein/Licht 1993; Tonübungsfilm 1974

Auf dieser DVD werden erstmals die fünf wichtigsten Filme von Rüdiger Neumann veröffentlicht.
Ein weiterer kurzer „TONÜBUNGSFILM“ (D 1974, 12 min) dokumentiert seine besondere Leidenschaft für den Filmton.

DVD 1
ZUFALLS-HORIZONTE (D 1980, 47 min)
ARCHIV DER BLICKE (D 1985, 77 min)
MERIDIAN ODER DAS THEATER VOR DEM REGEN (D 1983, 92 min)

DVD 2
NORDLICHT (D 1988, 69 min)
STEIN/LICHT (D 1993, 35 min)
TOBÜBUNGSFILM (D 1974, 12 min)

Zu den Filmen:

ZUFALLS-HORIZONTE„zeigt je 24 Blicke von 88 Orten, die durch systematische Zufallsauswahl auf der Fläche der BRD bestimmt wurden. Es wurden zunächst aus den über 4000 Messtischblättern (1:25.000) für das Gebiet der BRD 88 Karten mit Hilfe eines Zufallsgenerators ausgewählt und ein Zufallsschnittpunkt zweier Koordinaten gebildet. In der Zeit von März 1979 bis Februar 1980 habe ich die so festgelegten Orte, im Süden beginnend, aufgesucht. War der Zufallsort mit Hilfe des Messtischblattes in der Landschaft bestimmt, wurde die Kamera in Augenhöhe und in Nordrichtung aufgestellt. Der so fest-gelegten ersten Einstellung folgten 23 weitere Einstellungen, wozu die Kamera jeweils um 15 Grad weiter nach rechts gedreht wurde. Die Länge der Einstellungen folgt einem einfachen Schema: Am Anfang des Films sind die Einstellungen 6-5-4-3-4-5-6-5... usf. Sekunden lang, werden dann zur Mitte allmählich kürzer, bis auf 1/4 Sekunde, um dann bis zum Ende wieder länger zu werden.“
(Premiere: World Film Festival Montreal 1980)

ARCHIV DER BLICKE: Ein Blick in ein offenes visuelles Archiv. (Premiere: Das kleine Fernsehspiel – ZDF, 6.11.1985, Redaktion: Sybille Hubatschek-Rahn)

MERIDIAN ODER DAS THEATER VOR DEM REGEN: „Als ich ein kleiner Junge war, entdeckte ich auf der neuen Alsterbrücke in Hamburg eine Linie im Straßenpflaster, die dort den Verlauf des 10. Meridians bezeichnet. Ich fragte mich, wo die Linie wohl hinführt und wie es dort aussehen mochte. Das Fernweh wurde genährt von meiner Großmutter, die 1905 von Hildesheim nach Hamburg gezogen war und deshalb mir und sich als weltläufig galt. Ich habe mir den Lauf des 10. Meridian in Mitteleuropa angesehen: von Carrara an der italienischen Riviera bis Hirtshals im Norden Jütlands. Zur Zeit der Dreharbeiten an Meridian äußerte der amerikanische Präsident Ronald Reagan, unter dem Einsatz von ‹Theater Nuclear Forces› sei ein auf Europa begrenzter Atomkrieg gegen die Sowjets vorstellbar. Sehen wir uns noch einmal an, wo das nukleare Theater stattfinden soll. Die Arbeiten an der Inszenierung schreiten voran.” (Premiere: 14. Internationales Forum des Jungen Films, Berlinale 1984)

NORDLICHT: „Durch die kommentarlose Lakonie, mit der das Vorhandene vorgestellt wird, unterscheidet sich Nordlicht von gewohnten Natur-Dokumentationen, die letztlich der Ästhetik des Werbefilms folgen. Nordlicht ist keine effektvolle Inszenierung von Naturphänomenen. Natur darf hier bleiben, was sie ist: je nachdem still, unauffällig, fast langweilig oder erfüllt von dramatischer, verblüffender, atemberaubender Schönheit.“(Wilfried Wiegand, Katalog des 19. Internationalen Forums des Jungen Films, S. 51  |  Premiere: 19. Internationales Forum des Jungen Films, Berlinale 1989)

STEIN/LICHT „ist in der Zeit von September 1990 bis Oktober 1991 gedreht worden. Wir hielten uns zu den Dreharbeiten jeweils im Herbst und Winter am äußersten nördlichen Rand Europas, irgendwo zwischen Hammerfest und Kirkenes, auf. Das Ifjordfjellet ist eine einsame und karge Gegend. Bis heute weitgehend frei von wirtschaft-licher, touristischer, ja selbst von militärischer Nutzung. So warten die Steine vom Ifjordfjellet darauf, angeschaut zu werden und vielleicht darauf, ihre Geschichte zu erzählen: Mehr als je in Worte zu fassen sein wird. Stein/Licht ist ein Film, der sichtbar machen will, indem er ermöglicht, anzuschauen. Das Gegenteil dieses Anschauens ist das Schauen nach etwas.“ (Premiere: Neue Deutsche Filme, Internationale Filmfestspiele Berlin 1993)

Zu dieser DVD-Veröffentlichung ist im Materialverlag der Hochschule der bildenden Künste Hamburg eine Sonderedition mit Texten und Interviews von Thomas Tode, Fred Truniger, Daniel Maier-Reimer, Hannes Burchert, Heinz Emigholz, Klaus Wyborny, Sybille Hubatschek-Rahn, Ulrich Stein, Ulrich Köhler und Maike Mia Höhne erschienen.

Filmtrailer

DVD

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